Text: Eva Helmlinger
Leitung: Anja Betzin
Für Frühaufsteher bot der NABU Heidelberg im Mai 2019 ein besonderes Erlebnis: Bei der Birds & Breakfast Exkursion kamen Hobbyornithologen und Genießer gleichermaßen auf ihre Kosten.
Sonntagmorgen, sieben Uhr: Während der Großteil Heidelbergs vermutlich noch selig schlummernd dem bevorstehenden Frühstück entgegenträumte, versammelte sich eine kleine, mit Ferngläsern
bewaffnete Gruppe Menschen am Aufstieg zum Philosophenweg. Ihr Ziel: Auf dem steilen Pfad entlang der mal mehr, mal weniger verwilderter Gärten möglichst viele Vogelarten ausfindig zu machen.
Begleitet von schlaftrunkenen Blicken und herzhaftem Gähnen stimmte Anja Betzin, Diplom-Biologin beim NABU Heidelberg, die Gruppe zunächst auf die bevorstehende Exkursion ein: „Vögel lassen sich
kurz vor Sonnenaufgang und in den frühen Morgenstunden beobachten. Zu dieser Zeit sind die meisten Arten unterwegs, stecken mit ihrem Gesang ihr Revier ab und festigen damit gleichzeitig die
Paarbindung. Das frühe Aufstehen war also sicher nicht umsonst“, ergänzte sie mit einem Augenzwinkern.
Und sie sollte recht behalten: Der anschließende Aufstieg über den Schweizerweg musste schon nach wenigen Metern wieder unterbrochen werden, denn in einer Steinmauer am Weg war ein hohes Piepen zu vernehmen – eine Blaumeisenfamilie hatte ihr Domizil in einem Spalt errichtet, und die Jungen verlangten lautstark nach Futter. Die Elterntiere flatterten emsig um die Mauer herum und brachten in kurzen Abständen Insekten und Larven, um die hungrigen Mäuler zu stopfen.
„Blaumeisen sowie Kohlmeisen brüten bis zu dreimal im Jahr, da kann man schon mal in Stress geraten“, erklärte Anja und leitete die Gruppe weiter, um die junge Familie nicht weiter zu stören.
Auf dem dichtbewachsenen Pfad Richtung Philosophenweg bot sich den Teilnehmern dann ein wahres Konzert aus Vogelstimmen: Rotkehlchen, Buchfinken, Zilpzalps und Amseln legten sich ins Zeug und schmetterten aus vollen Kehlen.
Besonders häufig war der hohe und feine Gesang des Sommergoldhähnchens zu vernehmen. Die Sommermonate verbringt es in unseren Gefilden, bevor es im Oktober weiter in den Süden zieht. Es gehört zusammen mit dem Wintergoldhähnchen und dem Zaunkönig zu den kleinsten Vogelarten Mitteleuropas, und hat man doch einmal das Glück einen dieser Winzlinge zu sichten, kann man es gut an dem grün-gelben Gefieder und den auffälligen orangenen Scheitelstreifen am Kopf erkennen.
Immer wieder war außerdem der wohltönende Gesang der Mönchsgrasmücke zu hören: Nach einem zwitschernden Vorgesang ertönt ein laut flötender „Überschlag“, der aus nahezu reinen Tönen besteht und den die angehenden Ornithologen schnell vom Gesang der anderen Vögel unterscheiden lernten. Ihren Namen verdankt sie ihrer auffälligen Kopfzeichnung, die einer Mönchskappe ähnelt und beim Männchen tiefschwarz, bei Weibchen und Jungtieren rötlich-braun ist.
Auf dem Philosophenweg angekommen, offenbarte sich den Teilnehmern schließlich nicht nur der immer wieder atemberaubende Ausblick auf das Heidelberger Schloss: Der Panaromaweg eignet sich auch optimal, um Falken und andere Greifvögel während ihrer Jagd zu beobachten. Leider hatten sich die an diesem Morgen wohl gegen das frühe Aufstehen entschieden und so musste sich die Gruppe mit dem Ausblick auf die morgendlichen Ausflüge der Rabenkrähen begnügen. Auf einem nahegelegenen Ast hatte es sich außerdem eine Singdrossel gemütlich gemacht und präsentierte sich als optimales Fotomotiv. Gemeinsam mit ihrem Partner hatte sie sich in einem Garten niedergelassen, um dort zu nisten, und nutzte nun die ersten Sonnenstrahlen, um sich aufzuwärmen.
Nach fast zwei Stunden hatten das dann auch die Teilnehmer nötig und so machte sich die Gruppe schließlich an den Abstieg nach Neuenheim, wo in der NABU Geschäftsstelle ein gemütliches Frühstück
mit selbstgebackenem Brot, Marmelade, Honig und Käse wartete.
Die Birds & Breakfast Exkursion war Teil der NABU Vogelzählaktion Stunde der Gartenvögel. Bei dieser Veranstaltung zählen Vogelfreunde deutschlandweit immer am zweiten Mai-Wochenende eine Stunde lang alle Vögel, die sie gleichzeitig sehen. Aus den zusammengetragenen Daten können die Experten vom NABU dann Trends zur Entwicklung des Vogelbestands ableiten und Rückschlüsse auf mögliche Ursachen ziehen.
2019 fand die Stunde der Gartenvögel zum 15. Mal statt. Bundesweit haben über 73.000 Vogelfreunde in knapp 50.000 Gärten etwa 1,6 Millionen Vögel gezählt. Spitzenwerte für ganz Deutschland gab es
dabei für den Haussperling („Spatz“), der auch in Heidelberg besonders häufig vertreten war. Ein starker Rückgang war hingegen bei den Insektenfressern wie Amseln, Mehlschwalben
und Mauerseglern zu verzeichnen. Letzterer leidet vermutlich besonders unter Nahrungsmangel und dem Verschwinden von Brutnischen in Gebäuden.
Letzte Aktualisierung: 28.12.2019 (MP)