Von Ines Kübler
Fotos von Maike Petersen
Vom Parkplatz in der Nähe des ehemaligen Truppenübungsplatzes bei Mannheim-Friedrichsfeld ging es durch ein kurzes Waldstück in Richtung der Flugsanddünen. Im Wald sahen wir Krause Disteln (Carduus crispus), Pfaffenhütchen (Euonymus europaea), sowie die früchte- und holzproduzierende Edelkastanie (Castanea sativa).
Außerdem sahen wir mehrere aus Nordamerika stammende Neophyten, wie die Robinie (Robinia pseudoacacia) und den Eschenahorn (Acer negundo). Auffällig an ihren dreilappigen Hochblättern und blauen Petalen ist der Genfer Günsel (Ajuga genevensis), welcher zur Familie der Lippenblüter gehört und relativ häufig vorzufinden war. Nahe den Flugsanddünen waren viele Waldkiefern (Pinus sylvestris), die von Misteln (Viscum album) bewachsen waren.
Die Flugsanddünen entstanden vor circa 10.000 Jahren am Ende der letzten Kaltzeit. Auf die damalige Tundra wurde kalkhaltiger Sand aus dem Rheinbett geweht, lagerte sich dort ab und ließ so die Sanddünen entstehen, welche sich rechtsrheinisch von Rastatt bis Frankfurt am Main erstrecken. Der sich im Sandboden befindende Kalk wurde durch Niederschläge in tiefere Schichten gewaschen und sorgte dafür, dass die obere Bodenschicht relativ sauer ist.
Die Flugsanddünen dienten früher der Weidenutzung von lokalen Bauern, wodurch die dortige Vegetation stabilisiert wurde. Im Zuge einer Gesetzesänderung durften die Bauern ihr Vieh nicht mehr in den Flugsanddünen weiden, was dazu führte, dass das Gebiet der Sanddünen aufgeforstet wurde. Die Aufforstung sorgte für Ablagerung einer oberflächigen Humusschicht und Nadelschicht, welche die ursprüngliche Vegetation zurückdrängen.
Um die ursprünglichen Sanddünen zu erhalten, müssen daher in einer aufwändigen Wiederherstellungsmaßnahme die Humusschicht und die Nadelbäume einmalig entfernt werden. Letztere werden aus rechtlichen Gründen nur oberirdisch entfernt, da sich noch Blindgänger vom ehemaligen Truppenübungsplatz im Boden befinden. Die Sanddünen befinden sich daher in einem künstlichen, von Menschenhand geschaffenen Zustand, mit dem Ziel, die dortige Artenvielfalt zu erhalten.
Nahe den Sanddünen findet man Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), Schwarzerlen (Alnus glutinosa). Im Sandboden findet man Sonnenröschen (Helianthemum nummularium), Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias), Sandbirken (Betula pendula), Trauben-Gamander (Teucrium botrys) und die Gewöhnliche Hundszunge (Cynoglossum officinale). Es finden sich dort auch Neophyten, wie der aus China stammende Götterbaum (Ailanthus altissima), die gerne als Parkbäume gehalten werden, hier aber manuell entfernt werden müssen, da sie die ursprüngliche Vegetation verdrängen, sowie Gemeine Nachtkerzen (Oenothera biennis), ein weiterer Neophyt aus Nordamerika.
Der Sandboden beheimatet auch Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria), den der blaue Schwalbenwurz-Käfer (Chrysochus asclepiadeus) und die Schwalbenwurzwanze (Tropidothorax leucopterus) als Lebensraum haben, sowie Reiherschabel (Erodium cicutarium). Besonders für den lokalen Standort der Sanddünen Hirschacker ist Silbergras (Corynephorus canescens), welches sonst nur noch einmal in Baden-Württemberg, nämlich am Kaiserstuhl, vorkommt. Außerdem findet man vier verschiedene Nachtschattengewächse, darunter der Dreiblütige Nachtschatten (Solanum triflorum) und der Schwarze Nachtschatten (Solanum nigrum).
Man findet dort außerdem Hügelmeier (Asperula cynanchica), wildwachsenden Gemüsespargel (Asparagus officinale), Bruchkraut (Herniaria glabra), Gelben Wau (Reseda lutea) und das aus Asien stammende Kleine Springkraut (Impatiens parviflora). Die reiche Artenvielfalt der Sanddünen wird hierdurch ersichtlich und begründet die Notwendigkeit der Wiederherstellung und Erhaltung dieses besonderen Lebensraumes auch durch Menschenhand.
Letzte Aktualisierung: 25.07.2015 (MP)