Pressemitteilung
Stuttgart, 31.01.2024 – Aus dem
Schwabenländle in die Republik: In der Stuttgarter Liederhalle gründete Lina Hähnle am 1. Februar 1899 den Bund für Vogelschutz (BfV). Mit ihrem Einsatz legte sie den Grundstein
für den heutigen NABU.
Es war die Geburtsstunde eines Verbandes und einer Erfolgsgeschichte. Morgen (1.2.) feiern der NABU und sein bayerischer Partner Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) ihr 125-jähriges Bestehen. Mit mehr als 940.000 Mitgliedern bundesweit, davon 128.000 in Baden-Württemberg, ist der NABU der größte Umweltverband in Deutschland.
Zum runden
Geburtstag hat der Landesverband
Baden-Württemberg eine Wunschliste für den Naturschutz erstellt und lädt alle Bürgerinnen und Bürger ein, das noch junge Jahr zu ihrem Naturschutzjahr zu machen.
Zu seinem Geburtstag wünscht sich der NABU in Baden-Württemberg fünf gute Taten für die Natur im Land:
1. Von der Landespolitik: „Der NABU wünscht sich auch weiterhin ein klares Bekenntnis der Landesregierung zum Umwelt- und Naturschutz. Die
grün-schwarze Landesregierung hat sich mit ihrem Koalitionsvertrag, mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz und mit dem Klimaschutzgesetz ambitionierte Ziele gesetzt. Um diese zu erreichen, muss
sie den Umwelt- und Naturschutz weiter stärken. Jede neu veröffentlichte Rote Liste führt uns vor Augen, dass wir mit dem Naturschutz noch nicht am Ziel sind. Bei manchen Tierarten, wie zum
Beispiel bei Auerhuhn oder Kiebitz, schließt sich das Zeitfenster zum Gegensteuern sehr bald“, warnt der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle.
2. Von den
Kommunen: „Nehmen Sie ihre Verantwortung wahr und stärken sie den Naturschutz vor Ort. Natur und Artenvielfalt sind ein unverzichtbarer Teil unseres Lebens. Machen Sie es sich zur
Aufgabe, die Biodiversität im kommunalen Handeln stets mitzudenken, indem Sie den Flächenverbrauch senken, Flussläufe und Bäche renaturieren, den Biotopverbund mit Leben füllen und Grünanlagen
insekten- und vogelfreundlich gestalten“, lautet der NABU-Katalog an die 1.101 Städte und Gemeinden im Land.
3. Von den Förstern: „Zehn Prozent Flächenstilllegung im öffentlichen Wald und fünf Prozent im Privatwald sind die vereinbarten Ziele, die es
anzupacken gilt. Der Lückenschluss im Nationalpark, also die Verbindung des Nordteils mit dem Südteil, wäre hierfür ein wichtiger Beitrag“, erläutert Waldexperte und NABU-Landeschef Enssle. Für
die Umsetzung der Waldstrategie und der Waldnaturschutzkonzeption seien zusätzliche Mittel im Haushalt von Waldminister Peter Hauk notwendig. „Wenn wir die Nachhaltigkeitsziele im Wald erreichen
wollen, müssen diese Bereiche in der Landesforstverwaltung und im Staatsforstbetrieb ForstBW personell und finanziell gestärkt werden“, fordert Enssle mit Blick auf die anstehenden Gespräche der
Landesregierung für den nächsten Doppelhaushalt.
4. Von der Landwirtschaft: Von der Landwirtschaftsverwaltung, den Verbänden und den Bäuerinnen und Bauern im Land wünschen wir uns die
weiterhin konstruktive Zusammenarbeit bei der Umsetzung der gemeinsam vereinbarten Ziele aus dem Biodiversitätsstärkungsgesetz. Dazu gehören der Ausbau des Ökolandbaus, die Halbierung des
Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel bis 2030 und die Schaffung von wertvollen Refugialflächen für die Artenvielfalt auf zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche.“ Dem NABU sei klar,
dass dafür auch die Unterstützung der Gesellschaft nötig sei. „Wenn wir feststellen, dass die Landwirtschaft ernsthaft gemeinsame Umwelt- und Naturschutzziele verfolgt, können auch nach
langjährigen Differenzen neue Partnerschaften entstehen“, ist sich Enssle gewiss.
5. Von den Bürgerinnen und
Bürgern: Der NABU ist ein
starker Verband, 128.0000 Mitglieder alleine in Baden-Württemberg verleihen ihm Gewicht und sind Ausdruck einer lebendigen und selbstbewussten Zivilgesellschaft. „Wir wollen im Jubiläumsjahr 2024
weiter wachsen. Machen Sie mit, werden Sie Mitglied in einer tollen Gemeinschaft, helfen Sie uns als Pate oder Patin oder engagieren sie sich vor Ort in einer unserer vielen NABU-Gruppen“, wirbt
der Landesvorsitzende.
Die 125-jährige wechselvolle Geschichte des NABU begleiten verschiedene Namensänderungen. 1965 wird aus dem BfV der „Deutsche Bund für Vogelschutz“ (DBV). Im Südwesten schließen sich die Gruppen aus Baden, Hohenzollern und Württemberg am 4. September 1965 mit insgesamt 18.000 Mitgliedern zusammen.
Nach der deutschen Wiedervereinigung begründen im Jahr 1990 der DBV und die in der ehemaligen DDR neu gegründeten Landesverbände den Naturschutzbund Deutschland (NABU).
In Baden-Württemberg feierte der NABU als Landesverband 2015 seinen 50. Geburtstag, mit dann bereits 80.000 Mitgliedern. Heute zählt der Landesverband mehr als 128.000 Mitglieder, rund 230 NABU-Gruppen sowie NABU-Naturschutzzentren am Bodensee, in Mössingen und am Federsee.
Der Federsee spielt eine ganz besondere Rolle in der Geschichte des NABU. 1911 kaufte Lina Hähnle erste Riedflächen nördlich von Buchau und stellte dort jede Nutzung ein.
Inzwischen hat sich darauf ein struktur- und artenreicher Moorwald entwickelt. Weitere Flächenkäufe folgten.
Heute gehört das Federseeried zu den bedeutendsten Naturschätzen im Land und ist Teil des internationalen Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Zum Dank an alle, die den NABU vor Ort all die Jahre unterstützt haben, können Einwohnerinnen und Einwohner der Federseegemeinden im Jubiläumsjahr an allen öffentlichen Veranstaltungen des NABU-Naturschutzzentrum Federsee kostenfrei teilnehmen*.
Zur Geschichte des Verbandes gehört auch die Zeit des Nationalsozialismus. Der Verband wurde von den Nazis gleichgeschaltet und in „Reichsbund für Vogelschutz“ umbenannt.
Rückblickend ist mit dieser Zeit die Unsicherheit verbunden, ob der Verband immer auf der richtigen Seite der Geschichte stand. Die Rolle von Lina Hähnle als Gründerin und langjährige Vorsitzende des Verbandes während dieser schwierigen Zeit der deutschen Geschichte wird derzeit in einem umfassenden Gutachten kritisch aufgearbeitet.
„Unsere eigene Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, sich
nicht nur für die Natur, sondern auch für den Schutz von Menschenwürde und Demokratie einzusetzen. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind die Grundlage unseres zivilgesellschaftlichen Engagements. Diese Werte gilt es zu
verteidigen, wann immer das notwendig ist. Wir stellen uns klar gegen alle antidemokratischen Tendenzen und gegen Hass und Hetze“, so der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle.
Letzte Aktualisierung: 16.02.2024 (MP)