Entwurf und Koordination: Andreas Kellner, Nicole Lill
Stand: Anfang Oktober 2021
Die Bautätigkeiten des Vorhabens „Terrassenanbau DIE WEISSE VILLA“ im Schloss-Wolfsbrunnenweg 18 führen nachhaltig zu erheblichen Auswirkungen auf die ökologische Funktion der durch Hangquellwasser gespeisten Wasserbecken des Vater Rhein.
Die Maßnahmen bedrohen eines der bedeutendsten Amphibien-Vorkommen auf Heidelberger Gemarkung.
Die Bodenzerstörung und Wasserverunreinigungen beeinträchtigen die Lebensstätten der Tiere und insbesondere die Funktion der Becken als Fortpflanzungsgewässer der lokalen Populationen maßgeblich.
Das derzeit stark belastete, alkalische Wasser führte in 2021 zum Tode sehr vieler Larven und adulter Amphibien, insbesondere Salamandra salamandra (Feuersalamander), Bufo bufo
(Erdkröten) und Ichthyosaura alpestris (Bergmolche).
Auf der Baustelle, von außen gut sichtbar sind inzwischen zur „Hangsicherung“ Dutzende Anker mit der entsprechenden Menge Injektionsmörtel sowie viele Kubikmeter Spritzbeton verbaut. Dabei kam es mutmaßlich zum Eintrag der Stoffe in die Quellführungen des Schlossgartens und somit auch in die Becken des Vater Rhein.
Dieser Eintrag führte zu einer massiven Ablagerung von Sedimenten in den Leitungen, einer Trübung der Becken sowie einem pH-Wert des Wassers auf über 9 (höher als Seife), was ein Absterben der Amphibienlarven zur Folge hatte.
Die Wasserverhältnisse des Quellsystems am Schloss haben sich seit der Baumaßnahmen so massiv verändert, dass die Wasserqualität der Becken Vater Rhein in diesem Jahr ständig überwacht
werden musste, um sicherzustellen, dass nicht auch noch die späte Generation der Feuersalamander-Larven sowie der jungen Bergmolche im Wasser zu Grunde geht.
Auch adulte Amphibien waren (und sind es wahrscheinlich nach wie vor) von den Auswirkungen der Baustelle betroffen und zeigten starke Stresssymptome, welche hauptsächlich durch Hautveränderungen auffielen und in einigen Fällen nachweislich zu tödlichen Infektionen durch Bakterien und vereinzelt Nematoden bei gleichzeitig ausgeschlossener Beteiligung von Viren und Pilzen führten.
Im Mai 2021 kam es nach einem unauffälligen Frühjahr, was die Reproduktion der Amphibien in ihren traditionellen Laichgewässern im Schlossgarten betrifft, zu einer bis zu diesem Zeitpunkt noch nie erlebten Veränderung des Wassers in den historischen Becken Vater Rhein.
Das Wasser trübte sich von einem Tag auf den anderen und es trieben plötzlich zahlreiche tote Bergmolche, die sich in dieser Jahreszeit zur Paarung im Wasser aufhalten, in den Becken. Weitere versuchten, das Wasser vorzeitig zu verlassen und verendeten an den eigens für die Amphibien als Ein- und Ausstiegshilfen angebrachten Rampen.
Ab Anfang Juni häuften sich Totfunde von ansonsten unversehrten ausgewachsenen Feuersalamandern vor allem in der Gartenebene und in den Kanälen und Grotten.
Mitte Juni folgte ein regelrechtes Massensterben der sich seit März in den Becken Vater Rhein entwickelnden Feuersalamander-Larven, allein im
Sichtbereich der drei miteinander verbundenen Becken konnten über 30 tote Feuersalamander-Larven dokumentiert werden.
Feuersalamander-Larven werden lebend ins Wasser abgesetzt und sind deshalb schon vor den Bergmolchlarven sichtbar. Sie sind für ihre Entwicklung dringend auf unbelastetes, nährstoffarmes
fließendes Gewässer angewiesen. Eine pH- Wert Messung in den Becken ergab einen Wert von über 9 (Messung UA, 19.06.).
Eine Überprüfung der Quellwasserzuleitungen durch die Schlossverwaltung ergab, dass diese regelkonform geöffnet waren, es jedoch keinen Quellwasserzulauf mehr zu geben schien und sich
dadurch das Wasser in den Becken nicht regenerieren konnte. Daraufhin wurde von der Schlossverwaltung auf Anraten des Umweltamts Leitungswasser in die Becken geleitet.
Ende Juni zeigten sich die negativen Einwirkungen bei den Erdkröten-Kaulquappen. Dokumentiert sind hier ebenfalls überdurchschnittlich viele noch im Wasser
verstorbene Kaulquappen und sog. Metamorphlinge. Im Vergleich zu allen bekannten Vorjahren schafften insgesamt nur eine sehr geringe Anzahl ca. 400 an jungen Erdkröten den Landgang.
Einem regenreichen Sommer ist zu verdanken, dass sich die inzwischen sichtbaren Bergmolchlarven relativ gut entwickelten.
Doch schon Anfang September kam es auch bei dieser Art zu einem massenhaften Sterben, dokumentiert sind hier über 50 tote Bergmolchlarven allein in einem Sichtfeld von ca. 50 x
50 cm. Erneut wurde über 8 Stunden lang Leitungswasser in die Becken geleitet. Die Bergmolche schafften anschließend den Landgang innerhalb der darauffolgenden zwei Wochen.
Die pH-Werte des Wassers in den Becken erreichten allerdings immer wieder Werte deutlich über 9 wegen des zementreichen Substrats und der fehlenden Wasserzirkulation.
„Späte“ Bergmolch-Larven starben beispielsweise von einem Tag auf den anderen kurz vor ihrem Landgang, wie eine weitere Sichtfelddokumentation eines Ausstiegsbereichs vom 27.09.21 beweist.
Anhaltender, häufiger Regen und die Zugabe von Leitungswasser durch die Schlossverwaltung hielten zumindest das größte der drei miteinander verbundenen Becken Vater Rhein in einem
einigermaßen neutralen Bereich zwischen 7,5-8, sodass zwischen dem 16. und dem 20. Oktober AUSSCHLIEßLICH aus diesem Bereich 210 weit entwickelte Feuersalamander-Larven mit
Keschern gefangen und in das nahe Forellenbecken umgesiedelt werden konnten. In den beiden anderen Becken, namentlich dem mittleren Becken mit der Statur des Vater Rhein und dem sog.
„kleinen Becken“ wurden am 16.10. pH-Werte von 9,5 bzw. 9 gemessen und KEINE Amphibien mehr gefunden.
Neben dem oben beschriebenen und lückenlos dokumentierten weitgehenden Verlust der diesjährigen Feuersalamander- und Erdkrötennachkommenschaft, die zum Arterhalt bei gleichzeitigem generellen Rückgang der Populationen elementar wichtig ist, können wir auf weiterführende Wasserproben durch das Umweltamt zurückgreifen, die den Verdacht des Eintrags von Stoffen in das Biotop erhärten.
Von der Justus-Liebig-Universität Gießen – Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische – obduzierte und der Universität Leipzig beprobte Feuersalamander zeigten
keine Hinweise auf eine Pilz- oder Virenbeteiligung, sondern legen den Verdacht nahe, „dass eine andere Hintergrundbelastung vorliegt, die die Tiere stresst/schwächt und damit
den Parasiten und Bakterien Vorschub leistet. Umweltbelastungen sollten ebenfalls in Betracht gezogen werden.“
Und weiter: „Die Hautveränderungen sprechen eher für eine Immunschwächung und stressbedingte Ursachen die eine solche Infektion ‚Bakterien und Nematoden‘ ermöglichen.“ (Prof.
Lierz, Universität Gießen, 7.10.2021)
Letzte Aktualisierung: 19.12.2021 (MP)