Von Sebastian Olschewski
Text aus einer Pressemitteilung vom 9. Januar 2017
Das größte Nagetier Europas, der Biber, fühlt sich wohl im Rhein-Neckar-Raum. Die jüngsten Äußerungen des Landwirtschaftsministers Peter Hauk (CDU), der Biberbestand in Baden-Württemberg nehme überhand und müsse daher auch bejagt werden, lösen beim NABU Heidelberg Kopfschütteln aus. Biber sind auf geeignete Flusssysteme als Lebensraum angewiesen, die naturgemäß nur in begrenzter Zahl vorhanden sind. Zudem leben sie territorial, sodass der Ausbreitung enge Grenzen gesetzt sind.
Von einer „Überpopulation“ kann also nicht die Rede sein.
Mit unseren stark veränderten Flüssen kann der Nager noch zurechtkommen, aber im Straßenverkehr lauern für ihn große Gefahren, die den Biber-Bestand auch ohne weitere Eingriffe immer wieder regulieren. Bei der Nahrungssuche oder auf nächtlichen Reviererkundungen werden die Tiere regelmäßig zu Verkehrsopfern. Weitere Gefahren gehen von Hochwasserereignissen aus, denen besonders Jungbiber zum Opfer fallen können.
Der Bestand der in Baden-Württemberg streng geschützten Art nimmt nach wie vor erfreulicherweise zu, auftretende Konflikte mit dem Menschen können bereits jetzt durch geeignete Maßnahmen gelöst werden. Ehrenamtliche Biberberater sowie hauptamtliche Biberbeauftragte stehen im Rahmen des Bibermanagements Kommunen, Landeigentümern sowie Landbewirtschaftern mit Rat und Tat zur Seite.
Die effizienteste Vorbeugung vor Biberschäden und zugleich ökologisch wirksamste Maßnahme ist daher die Einhaltung des im Wasserhaushaltsgesetz vorgesehenen 10-Meter-Gewässerrandstreifens, der allenfalls extensiv genutzt wird. Die Biberfalle zur Umsiedlung oder sogar die Flinte müssen daher in der Regel nicht aus dem Schrank geholt werden, was auch nach der jetzigen Rechtslage im Ausnahmefall theoretisch schon möglich wäre.
Aktuelle, bisher unveröffentlichte Daten des Regierungspräsidiums Karlsruhe zeigen, dass der Nager den Unteren Neckar sowie die Elsenz mittlerweile fast lückenlos wiederbesiedelt hat.
Bisher ist der Neckar die „Verbreitungsautobahn“ der Biber im nördlichen Baden-Württemberg. Über ihn sind sie in die Elsenz eingewandert, von der Elsenz wiederum sind sie mittlerweile in den Schwarzbach vorgedrungen.
Eine Bestandserfassung beim Biber ist nicht einfach. Biber leben territorial, d. h. ein Familienverband aus mehreren Tieren besetzt einen bestimmten Flussabschnitt. Um den Bestand der nachtaktiven und wasserbewohnenden Nager zu erfassen, muss der Biologe in den Wintermonaten bis zum zeitigen Frühjahr (ca. von November bis März) in den möglichen Biberrevieren unterwegs sein, auch per Boot. Einerseits sind durch fehlende Blatt- und Bodenvegetation Spuren leichter sichtbar und das Gelände leichter begehbar, zum anderen haben sich die Biber auf ihre Winternahrung umgestellt, was ihre Anwesenheit durch markante, frische Gehölznagungen und Baumfällungen leicht erkennen lässt.
Eine genaue Erfassung des Biberbestandes in den einzelnen Revieren ist durch eine solche Kartierung kaum realisierbar. Durch die vorgefundenen indirekten Nachweise wie Gehölzfraß, Ausstiege, Rutschen, Nahrungsflöße oder Bauten kann der Experte i. d. R. feststellen, wie lange das Revier besiedelt ist, im besten Falle auch, ob es sich um ein Einzeltier oder einen Familienverband handelt.
Zusätzlich unterscheidet der Biologe zwischen saisonal besetzten Wanderrevieren durchziehender Jungbiber und etablierten, dauerhaften Revieren, was in der Praxis aber gelegentlich schwer zu
definieren sein kann.
Letzte Aktualisierung: 09.01.2017 (MP)