Braunkehlchen ist Vogel des Jahres 2023

Als Insektenfresser, Langstreckenzieher und Feldvogel besonders gefährdet

Braunkehlchen. Foto: NABU/M. Schäf
Braunkehlchen. Foto: NABU/M. Schäf

Kleiner Wiesenvogel

Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) ist zwölf bis vierzehn Zentimeter groß. Sein Lebensraum sind blütenreiche Wiesen, Brachen, Feldränder oder Feuchtwiesen, wo es reichlich Insekten und Würmer als Nahrung findet. Die Winterquartiere liegen 5.000 Kilometer entfernt südlich der Sahara.

 

Der kleine Wiesenvogel mit der braun-orange gefärbten Brust und Kehle fühlt sich wohl, wo er ungestört sein Bodennest bauen kann und er eine lückige naturnahe Wiesen-Vegetation vorfindet. Verbreitet kommt das Braunkehlchen noch in der Norddeutschen Tiefebene vor, mit bislang stabilen Beständen in Mecklenburg-Vorpommern. Auch in den Hochlagen der Mittelgebirge kann es sich halten, im übrigen Deutschland dagegen wird sein Vorkommen immer lückenhafter. 1987 war es bereits Vogel des Jahres.

 

Bundesweit hat sich der Bestand des Braunkehlchens seit den 1990ern halbiert. Als Insektenfresser, Langstreckenzieher und Feldvogel ist es besonders gefährdet.

Kurzer Steckbrief

Aussehen: Braunkehlchen haben in allen Kleidern und Altersstufen einen hellen Streifen über dem Auge, bei Männchen ist er leuchtend weiß. Die Kehle und die Brust sind orangebraun gefärbt, der Rücken braun mit dunklen Flecken. Fliegen Braunkehlchen auf, blitzt die weiße Schwanzbasis hervor.

Foto: Michael Reinecke/Naturgucker.de
Jungvogel. Foto: Michael Reinecke/Naturgucker.de

Lebensraum: Der Lebensraum der Braunkehlchen sind feuchte Wiesen, Brachen und Feldränder. Wichtig sind einzelne Büsche, hohe Stauden oder Zaunpfähle, welche die Vögel als Sing- und Ansitzwarte nutzen. Als Bodenbrüter braucht es auch eine dichte Kraut- und Zwergstrauchschicht.

 

Verhalten: Häufig verweilen die Vögel auf einem Zaunpfahl und starten von hier aus ihre Jagdflüge. Ruhig sitzen sieht man sie selten, ähnlich wie Rotkehlchen „knicksen“ sie oft und wippen mit dem Schwanz.

Beobachtungstipp: Um Braunkehlchen zu entdecken, sollten Sie eine extensive Wiese oder Brache aufsuchen und mit dem Fernglas Zaunpfähle, einzelne Büsche oder hoch stehende Stauden absuchen. Die besten Chancen auf Braunkehlchen haben Sie im Nordosten Deutschlands.

Zugverhalten: Braunkehlchen überfliegen die Sahara und verbringen den Winter in tropischen Gebieten in Afrika. Besonders die Vögel aus dem Norden Europas vollbringen damit erstaunliche Leistungen.

Die Situation in Baden-Württemberg

Braunkehlchen. Foto: NABU/M. Schäf
Foto: NABU/M. Schäf

In Baden-Württemberg war der bunte Wiesenbrüter einst häufig. 1950 lebten noch rund 5.000 Brutpaare bei uns, 1970 waren es fast nur noch halb so viele (2.600) und 1990 dann noch etwa 1.500.

 

Innerhalb der letzten 30 Jahre sind 2.400 Brutvögel verschwunden.


Zunehmend werden dem Braunkehlchen Lebensraum und Nahrung entzogen: Brachen werden überbaut, Äcker und Wiesen für Tierfutter zu häufig gemäht und gedüngt, Ackerränder mit Blüten mitbewirtschaftet. Auch die Freizeitnutzung mit freilaufenden Hunden oder Katzen stört die Vögel beim Brüten.


Den Absturz des Bestands zeigt die neueste Rote Liste: Landesweit sind noch 200 bis 320 Paare zu finden, die Hälfte davon brütet am Federsee, weitere Schwerpunkte liegen am Oberrhein, im Südschwarzwald und auf der Schwäbischen Alb. Obwohl die Ursachen und Bedürfnisse bekannt sind, geht der Schwund der Feld- und Wiesenvögel ungebremst weiter.

Lebensraum Federsee

Der oberschwäbische Federsee ist das mit Abstand bedeutendste Brutgebiet im Land. Das Feuchtgebiet ist von April bis August Lebensraum für 115 Braunkehlchen-Paare (Stand 2020). Dort findet das Braunkehlchen nach seiner Rückkehr aus dem 5.000 Kilometer entfernten Winterquartier südlich der Sahara alles, was nötig ist.

 

Gezieltes Habitatmanagement, zusätzliche Brachflächen und natürliche Sukzession haben die Bestände gestützt. Allerdings gefährden starke Niederschläge in der Brutzeit zunehmend diese Erfolge, weil die Nester überflutet werden und die Küken ertrinken.

Wiesen- und Bodenbrüterprogramme

„Mit Hilfe eines landesweiten Wiesen- und Bodenbrüterprogramms könnten wir dafür sorgen, dass das Braunkehlchen wieder ganz Baden-Württemberg als Heimat entdeckt“, sagt NABU-Landeschef Johannes Enssle.  „Sechs Millionen Euro werden benötigt. Das sollte es uns wert sein, eine bedrohte Art und mit ihr viele weitere Arten zu retten.“

 

  • Helfen kann jede und jeder dem Braunkehlchen, indem man insektenschonend produzierte Lebensmittel kauft. Regionale, ökologische Lebensmittel sind immer eine gute Wahl.

Über die Wahl zum Vogel des Jahres 2023

Im Oktober 2022 frisch gewählt löst das in Baden-Württemberg selten gewordene Braunkehlchen den Wiedehopf als Vogel des Jahres 2023 ab.

 

Bei der dritten öffentlichen Wahl des NABU und des bayerischen Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) haben insgesamt 134.819 Menschen mitgemacht. 58.609 Stimmen (43,47 Prozent) entfielen dabei auf das Braunkehlchen, 24.292 (17,99 Prozent) auf den Feldsperling, 22.059 (16,36 Prozent) auf den Neuntöter, 21.062 (15,62 Prozent) auf den Trauerschnäpper und 8.797 (6,53 Prozent) auf das Teichhuhn.

 

 

 

 

Letzte Aktualisierung: 30.10.2022 (MP)

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