Von Maike Petersen
Herzlichen Dank an Valentina Baumtrog und Julia Heinze fürs Gegenlesen
Projektmitarbeiterinnen FELDHAMSTERLAND, Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz
Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.
Überzeugter Einzelgänger mit ausgeprägter Sammelleidenschaft, pfiffigen Überlebensstrategien, beeindruckendem Kampfgeist und einem äußerst liebenswerten Aussehen. Hinter dieser Beschreibung verbirgt sich ein Tier, das früher weit verbreitet auf Deutschlands Äckern zu finden war: der Feldhamster.
In nur noch zwei Regionen in Baden-Württemberg leben Feldhamster, der Großteil davon auf den Feldern Mannheims. Zu lange wurde er von den Landwirten als Schädling bekämpft und zu sehr fiel sein
Lebensraum der Zersiedlung und der intensiven Art der landwirtschaftlichen Bearbeitung zum Opfer. In Deutschland gibt es noch versprengte Vorkommen in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Bayern
und der Pfalz.
Mit diversen Artenschutz- und Wiederansiedlungsprogrammen kümmern sich Naturschützer und Behörden um diese europaweit streng geschützte, so genannte FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Art
der heimischen Feldflur. So haben auch der NABU Heidelberg und vor allem der NABU Mannheim durch Kartierung von Hamstervorkommen, finanzielle Hilfe und
Information, wie 2013 beim „Feldhamsterprojekt„ unterstützt.
Die Wiederansiedlung von Feldhamstern als vom Aussterben bedrohte Art ist allerdings komplex, gilt es doch, die richtigen Lebensraumbedingungen wiederherzustellen und Gebiete miteinander zu vernetzen. Zudem sind die Überlebenschancen von ausgewilderten Hamstern in den ersten Stunden gering.
Charakteristisch für den Feldhamster Cricetus cricetus ist sein buntes, weiches Fell, ein schwarzer Bauch, weiße Vorderpfoten und auffällig braun-gelb gefleckte Flanken.
Er ist außerdem ziemlich groß und schwer: Mit einer Körperlänge von rund 30 Zentimeter und einem Gewicht von bis zu einem halben Kilo hat er mit seinen kleinen Verwandten aus der Zoohandlung nicht viel gemein.
Hamsterweibchen bringen zwischen April und August ihre Jungen zur Welt, im Mittel etwa vier Junge pro Wurf. Früher waren bis zu drei Würfe im Jahr möglich mit mehr Jungtieren. Vermutlich aufgrund der Mangelernährung von Hamsterweibchen sind es heute maximal zwei Würfe oder oft sogar nur noch einer, der in die vordere Jahreshälfte fällt.
Auf dem Speiseplan stehen Pflanzenteile wie Wurzeln, Knollen und Samen, Stücke von Kartoffeln oder Zuckerrüben sowie Kleintiere wie Schnecken, Engerlinge oder Regenwürmer. Der Hamster ist dämmerungsaktiv und auch im Dunkeln unterwegs, stopft sich die Nahrung in seine dehnbaren Backentaschen und lagert sie in seinem Bau ein. Ab Oktober bis Mitte April ist Winterschlaf angesagt, der zum Fressen aber immer wieder unterbrochen wird. Hauptfeinde sind Füchse, Marder, Rotmilan und Mäusebussard.
Feldhamster sind typische Bewohner offener Ackerlandschaften. Ihr optimaler Lebensraum muss Nahrung und Deckung bieten, der Boden sollte sich zum Graben eignen. Tauglich sind
schwere, tiefgründige Lößböden, die nicht zu feucht werden.
Dann legen sie sich in über einem Meter Tiefe ein weit verzweigtes Gang- und Höhlensystem an, in dem sie schlafen, ihre Jungen großziehen und bis zu drei Kilogramm Nahrung für den Winter einlagern. Ein Feldhamsterbau besitzt mehrere Eingänge in unterschiedlichen Neigungen (Fallrohre), eine Wohn- und Nestkammer, mehrere Vorratskammern und einem Kotplatz. Bei seinen Erdarbeiten kann ein Feldhamster bis zu 300 Kilogramm Erde bewegen. Von außen fällt ein Bau durch kleinkörnigen Aushub und übereinander geknickt liegende Halme auf.
Mit Ausnahme der Paarungszeit sind Feldhamster lieber allein: Jedes Tier besitzt seinen eigenen Bau auf etwa 10 Quadratmeter Fläche, der rigoros gegen Artgenossen verteidigt wird. Männchen
besuchen paarungsbereite Weibchen in ihrem Bau, werden danach aber zügig wieder herauskomplimentiert.
Um die Bauvorhaben SAP Arena, Stadtbahnring Mannheim-Ost, Ikea-Einrichtungshaus und Stadtteilerweiterung Mannheim-Sandhofen auszugleichen, fördert die Stadt Mannheim seit 2001 mit dem Artenhilfsprogramm (AHP) Feldhamsteransiedelungen.
Sie sind so lange fortzuführen, bis eine eigenständig überlebensfähige Population entstanden ist. Das ist bislang noch nicht der Fall.
Besonders die trockenen Sommer, wie im Jahr 2003, fordern ihre Opfer. Einige anfängliche Populationen sind zwischenzeitlich erloschen wie überhaupt das Aussterberisiko aller existierenden Vorkommen noch immer hoch ist. Mehr als mindestens 500 Tiere sind nötig, um eine genetisch ausreichend variable Population zu erhalten.
Momentan leben etwa 150–200 Feldhamster auf Mannheimer Feldern. Sie wurden für dieses Wiederansiedlungsprojekt im Heidelberger Zoo gezüchtet. Eine Fläche von knapp 80 Hektar – das ist fast doppelt so viel wie der Luisenpark mit 42 Hektar – wird dafür hamstergerecht bewirtschaftet. Weitere Landwirte haben Felder zur „Hamsternutzung“ angeboten, so dass die Stützungsmaßnahmen fortgesetzt werden können. Ein wesentliches Ziel ist dabei die Vernetzung der Bestände.
Ab 2018 wurden jährlich 110 Feldhamster ausgesiedelt. Außer im Bösfeld leben die Feldhamster auch im Landschaftsschutzgebiet Straßenheimer Hof, im Niederfeld/Mühlfeld um das Maimarktgelände, in Seckenheim und in Suebenheim. Das Programm befindet sich im LSG Straßenheimer Hof nun im 14. und im Bösfeld im 12. Jahr. Die individuenreiche Population im Straßenheimer Hof hat möglicherweise gute Aussichten, die Bösfelder wird aktuell eher als labil eingeschätzt.
Ausgehamstert?
Feldhamster brauchen Hilfe
Auch in der südlichen Bergstraße sollen Feldhamster heimisch werden. Das Amt für ländlichen Raum Kreis Bergstraße, die Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) sowie zahlreiche Landwirtinnen und Landwirte bemühen sich seit Jahren um den Feldhamster.
Für seine Wiederansiedlung wurde eine rund drei Hektar große Fläche zum hamstergerechten Lebensraum umgestaltet.
Mit Erfolg: 2020 wurden mehrere Baue in Hessen nachgewiesen. Folgend kam es zu einer Einwanderung von drei baden-württembergischen Hamstern, wie die AG
Feldhamsterschutz 2022 nachweisen konnte.
Der Feldhamster sowie auch Rebhuhn und Feldlerche profitiert seit 2018 von dem Sonderprogramm „Förderung von Leitarten der Feldflur“ sowie dem Hessischen Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM). In den Feldflurprojekten Rheinauen bei Trebur im Kreis Groß-Gerau sowie im Projekt Gießen-Süd in Mittelhessen haben die Feldhamster bereits teilweise durch Nachzucht und Wiederansiedlung den ersten Nachwuchs bekommen.
Erwähnenswert in Hessen ist auch das Projekt "Feldhamsterland", ein im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt gefördertes Verbundprojekt. Ziel ist es, den dramatischen Rückgang des Feldhamsters in fünf Projektregionen (Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen) aufzuhalten und eine langfristige Koexistenz zwischen Feldhamster und Landwirtschaft zu ermöglichen.
Rückzug inmitten einer intensiv genutzten Agrarlandschaft:
Seit 2004 engagiert sich der Zoo Heidelberg für das Überleben der bedrohten Feldhamster in der Region. Auf dem Zoogelände befindet sich das Artenschutz-Zentrum Feldhamster. Die Station liegt abseits des Besucherverkehrs, weil Hamster für eine erfolgreiche Zucht viel Ruhe benötigen. Mit etwas Glück kann man aber die Hamster und ihr Verhalten im Schaugehege hinter dem Flamingosee beobachten.
Zu den Schutzmaßnahmen zählen:
Die Welt Zoo und Aquarien Organisation (WAZA) zeichnete das Projekt 2009 mit dem Zertifikat für In-situ-Artenschutz aus.
Wussten Sie schon: Ein Euro für den Artenschutz bei jedem Zoobesuch
Der Artenschutz-Euro ist ein freiwilliger Beitrag, der bereits im Zoo-Eintrittspreis enthalten ist und direkt beim Ticketkauf an der Kasse gezahlt wird.
Zoobesucher setzen sich damit gemeinsam mit dem Zoo Heidelberg für den Schutz bedrohter Tierarten ein. Jeder Artenschutz-Euro fließt direkt in die Artenschutzprojekte des Zoos.
Letzte Aktualisierung: 11.03.2022 (MP)