Artenschutzprogramme für den Feldhamster

Wie steht es um den Feldhamster 2022 in Heidelberg und Mannheim?

Von Maike Petersen

Herzlichen Dank an Valentina Baumtrog und Julia Heinze fürs Gegenlesen
Projektmitarbeiterinnen FELDHAMSTERLAND, Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz
Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

Feldhamster
Foto: NABU/CEWE/Sabine Lembke

Überzeugter Einzelgänger mit ausgeprägter Sammelleidenschaft, pfiffigen Überlebensstrategien, beeindruckendem Kampfgeist und einem äußerst liebenswerten Aussehen. Hinter dieser Beschreibung verbirgt sich ein Tier, das früher weit verbreitet auf Deutschlands Äckern zu finden war: der Feldhamster.

 
In nur noch zwei Regionen in Baden-Württemberg leben Feldhamster, der Großteil davon auf den Feldern Mannheims. Zu lange wurde er von den Landwirten als Schädling bekämpft und zu sehr fiel sein Lebensraum der Zersiedlung und der intensiven Art der landwirtschaftlichen Bearbeitung zum Opfer. In Deutschland gibt es noch versprengte Vorkommen in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Bayern und der Pfalz.


Mit diversen Artenschutz- und Wiederansiedlungsprogrammen kümmern sich Naturschützer und Behörden um diese europaweit streng geschützte, so genannte FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Art der heimischen Feldflur. So haben auch der NABU Heidelberg und vor allem der NABU Mannheim durch Kartierung von Hamstervorkommen, finanzielle Hilfe und Information, wie 2013 beim „Feldhamsterprojekt„ unterstützt.

 

Die Wiederansiedlung von Feldhamstern als vom Aussterben bedrohte Art ist allerdings komplex, gilt es doch, die richtigen Lebensraumbedingungen wiederherzustellen und Gebiete miteinander zu vernetzen. Zudem sind die Überlebenschancen von ausgewilderten Hamstern in den ersten Stunden gering.

Wie Feldhamster aussehen und leben

Charakteristisch für den Feldhamster Cricetus cricetus ist sein buntes, weiches Fell, ein schwarzer Bauch, weiße Vorderpfoten und auffällig braun-gelb gefleckte Flanken.

 

Er ist außerdem ziemlich groß und schwer: Mit einer Körperlänge von rund 30 Zentimeter und einem Gewicht von bis zu einem halben Kilo hat er mit seinen kleinen Verwandten aus der Zoohandlung nicht viel gemein.

 

Hamsterweibchen bringen zwischen April und August ihre Jungen zur Welt, im Mittel etwa vier Junge pro Wurf. Früher waren bis zu drei Würfe im Jahr möglich mit mehr Jungtieren. Vermutlich aufgrund der Mangelernährung von Hamsterweibchen sind es heute maximal zwei Würfe oder oft sogar nur noch einer, der in die vordere Jahreshälfte fällt.

 

Auf dem Speiseplan stehen Pflanzenteile wie Wurzeln, Knollen und Samen, Stücke von Kartoffeln oder Zuckerrüben sowie Kleintiere wie Schnecken, Engerlinge oder Regenwürmer. Der Hamster ist dämmerungsaktiv und auch im Dunkeln unterwegs, stopft sich die Nahrung in seine dehnbaren Backentaschen und lagert sie in seinem Bau ein. Ab Oktober bis Mitte April ist Winterschlaf angesagt, der zum Fressen aber immer wieder unterbrochen wird. Hauptfeinde sind Füchse, Marder, Rotmilan und Mäusebussard.

Der Feldhamsterbau – 300 Kilogramm Erde in Bewegung

Feldhamster sind typische Bewohner offener Ackerlandschaften. Ihr optimaler Lebensraum muss Nahrung und Deckung bieten, der Boden sollte sich zum Graben eignen. Tauglich sind schwere, tiefgründige Lößböden, die nicht zu feucht werden.
 

Dann legen sie sich in über einem Meter Tiefe ein weit verzweigtes Gang- und Höhlensystem an, in dem sie schlafen, ihre Jungen großziehen und bis zu drei Kilogramm Nahrung für den Winter einlagern. Ein Feldhamsterbau besitzt mehrere Eingänge in unterschiedlichen Neigungen (Fallrohre), eine Wohn- und Nestkammer, mehrere Vorratskammern und einem Kotplatz. Bei seinen Erdarbeiten kann ein Feldhamster bis zu 300 Kilogramm Erde bewegen. Von außen fällt ein Bau durch kleinkörnigen Aushub und übereinander geknickt liegende Halme auf.


Mit Ausnahme der Paarungszeit sind Feldhamster lieber allein: Jedes Tier besitzt seinen eigenen Bau auf etwa 10 Quadratmeter Fläche, der rigoros gegen Artgenossen verteidigt wird. Männchen besuchen paarungsbereite Weibchen in ihrem Bau, werden danach aber zügig wieder herauskomplimentiert.

Foto: Pixabay/SgH
Foto: Pixabay/SgH

Das Mannheimer Artenhilfsprogramm

Um die Bauvorhaben SAP Arena, Stadtbahnring Mannheim-Ost, Ikea-Einrichtungshaus und Stadtteilerweiterung Mannheim-Sandhofen auszugleichen, fördert die Stadt Mannheim seit 2001 mit dem Artenhilfsprogramm (AHP) Feldhamsteransiedelungen.

 

Sie sind so lange fortzuführen, bis eine eigenständig überlebensfähige Population entstanden ist. Das ist bislang noch nicht der Fall.

 

Besonders die trockenen Sommer, wie im Jahr 2003, fordern ihre Opfer. Einige anfängliche Populationen sind zwischenzeitlich erloschen wie überhaupt das Aussterberisiko aller existierenden Vorkommen noch immer hoch ist. Mehr als mindestens 500 Tiere sind nötig, um eine genetisch ausreichend variable Population zu erhalten.

Stadt Mannheim Feldhamster 2020
Jahresabschlussbericht Feldhamster 2020.
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Momentan leben etwa 150–200 Feldhamster auf Mannheimer Feldern. Sie wurden für dieses Wiederansiedlungsprojekt im Heidelberger Zoo gezüchtet. Eine Fläche von knapp 80 Hektar – das ist fast doppelt so viel wie der Luisenpark mit 42 Hektar – wird dafür hamstergerecht bewirtschaftet. Weitere Landwirte haben Felder zur „Hamsternutzung“ angeboten, so dass die Stützungsmaßnahmen fortgesetzt werden können. Ein wesentliches Ziel ist dabei die Vernetzung der Bestände.

 

Ab 2018 wurden jährlich 110 Feldhamster ausgesiedelt. Außer im Bösfeld leben die Feldhamster auch im Landschaftsschutzgebiet Straßenheimer Hof, im Niederfeld/Mühlfeld um das Maimarktgelände, in Seckenheim und in Suebenheim. Das Programm befindet sich im LSG Straßenheimer Hof nun im 14. und im Bösfeld im 12. Jahr. Die individuenreiche Population im Straßenheimer Hof hat möglicherweise gute Aussichten, die Bösfelder wird aktuell eher als labil eingeschätzt.

Ausgehamstert?

Feldhamster brauchen Hilfe

Flyer Natura 2000 LUBW 2009
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Drei wanderten nach Hessen

Auch in der südlichen Bergstraße sollen Feldhamster heimisch werden. Das Amt für ländlichen Raum Kreis Bergstraße, die Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) sowie zahlreiche Landwirtinnen und Landwirte bemühen sich seit Jahren um den Feldhamster.


Für seine Wiederansiedlung wurde eine rund drei Hektar große Fläche zum hamstergerechten Lebensraum umgestaltet.


Mit Erfolg: 2020 wurden mehrere Baue in Hessen nachgewiesen. Folgend kam es zu einer Einwanderung von drei baden-württembergischen Hamstern, wie die AG Feldhamsterschutz 2022 nachweisen konnte.

 

Der Feldhamster sowie auch Rebhuhn und Feldlerche profitiert seit 2018 von dem Sonderprogramm „Förderung von Leitarten der Feldflur“ sowie dem Hessischen Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM). In den Feldflurprojekten Rheinauen bei Trebur im Kreis Groß-Gerau sowie im Projekt Gießen-Süd in Mittelhessen haben die Feldhamster bereits teilweise durch Nachzucht und Wiederansiedlung den ersten Nachwuchs bekommen.

 

Erwähnenswert in Hessen ist auch das Projekt "Feldhamsterland", ein im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt gefördertes Verbundprojekt. Ziel ist es, den dramatischen Rückgang des Feldhamsters in fünf Projektregionen (Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen) aufzuhalten und eine langfristige Koexistenz zwischen Feldhamster und Landwirtschaft zu ermöglichen.

 

Das hamsterfreundliche Feld

Rückzug inmitten einer intensiv genutzten Agrarlandschaft:

  • Ausgewogene Fruchtfolge.
  • Stehengelassene Getreideflächen in der Umgebung der Hamsterhöhlen, bis sich die Feldhamster in den Winterschlaf zurückziehen.
  • Nachernte- und Ackerrandstreifen erhöhen das Nahrungsangebot und helfen bei der Aufzucht von Jungtieren.
  • Bodenbearbeitung entweder spät im Herbst oder zeitig im Frühjahr, nicht tiefer als 25 cm.
  • Für die so wichtige Deckung und proteinreiche Nahrung sorgen blickdichte mehrjährige Luzerne- und andere Kleefelder.
  • Jeglicher Verzicht auf Pflanzenschutzmittel.

Artenschutzzentrum Feldhamster im Zoo Heidelberg

Seit 2004 engagiert sich der Zoo Heidelberg für das Überleben der bedrohten Feldhamster in der Region. Auf dem Zoogelände befindet sich das Artenschutz-Zentrum Feldhamster. Die Station liegt abseits des Besucherverkehrs, weil Hamster für eine erfolgreiche Zucht viel Ruhe benötigen. Mit etwas Glück kann man aber die Hamster und ihr Verhalten im Schaugehege hinter dem Flamingosee beobachten.


Zu den Schutzmaßnahmen zählen:

  • Zucht von über 100 Hamstern jährlich für die Wiederansiedlung in der Rhein-Neckar-Region
  • Landwirte erhalten für eine feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung ihrer Felder Ausgleichszahlungen für den Ernteverzicht, da das im Oktober geerntete Getreide nicht mehr zum normalen Preis und in der gleichen Qualität vermarktet werden kann wie Getreide, was zum regulären Erntetermin gedroschen wird
  • Bau von Kleintierdurchlässen unter den Straßen, um die Flächen miteinander zu vernetzen

Die Welt Zoo und Aquarien Organisation (WAZA) zeichnete das Projekt 2009 mit dem Zertifikat für In-situ-Artenschutz aus.

Wussten Sie schon: Ein Euro für den Artenschutz bei jedem Zoobesuch


Der Artenschutz-Euro ist ein freiwilliger Beitrag, der bereits im Zoo-Eintrittspreis enthalten ist und direkt beim Ticketkauf an der Kasse gezahlt wird.

 

Zoobesucher setzen sich damit gemeinsam mit dem Zoo Heidelberg für den Schutz bedrohter Tierarten ein. Jeder Artenschutz-Euro fließt direkt in die Artenschutzprojekte des Zoos.

Zoo Heidelberg Artenschutzprojekte
Zoo-HD-NaturArtenschutz-Flyer.pdf
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Letzte Aktualisierung: 11.03.2022 (MP)

Mauersegler gefunden

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