Volksantrag „Ländle leben lassen“: Verbände übergeben Unterschriften an Landtagspräsidentin Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände überreichen über 50.000 Unterschriften an Landtagspräsidentin Aras und fordern den Landtag auf, unbebaute Flächen in Baden-Württemberg besser zu schützen.
Stuttgart. Im vergangenen April ging es los: Ein Bündnis aus mehr als 20 Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden hat sich gegen den zunehmenden Flächenfraß in Baden-Württemberg formiert und den Volksantrag "Ländle leben lassen" gestartet. In den vergangenen neun Monaten haben Ehrenamtliche und Aktive über 50.000 Unterschriften gesammelt und damit das für den Volksantrag nötige Quorum von knapp 40.0000 Unterschriften deutlich übertroffen.
Am heutigen Freitag haben die Initiatoren des Bündnisses die gesammelten Unterschriften nun der Landtagspräsidentin Muhterem Aras überreicht. Martin Bachhofer, Landesgeschäftsführer des BUND Baden-Württemberg, erklärt die Bedeutung des Volksantrags: „Der Landtag ist nun verpflichtet, sich mit unseren Flächenschutz-Forderungen auseinanderzusetzen. Wir fordern unter anderem eine verbindliche Obergrenze für den Flächenverbrauch, einen klaren Pfad zur so genannten „Netto-Null“ und dass Kommunen auf Innenentwicklung setzen müssen, statt immer weiter auf der grünen Wiese zu bauen.
Zehntausende Menschen in Baden-Württemberg haben dem Volksantrag ihre Unterschrift gegeben.
Der Landtag steht in der Verantwortung, den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken."
Der Flächenverbrauch der letzten Jahrzehnte in Baden-Württemberg war enorm: Allein die letzten zwei Generationen haben so viel neue Siedlungsfläche in Anspruch genommen wie 80 Generationen zuvor. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Pro Tag werden aktuell im Schnitt weitere 4,6 Hektar Fläche bebaut und zu einem erheblichen Teil versiegelt (Statistisches Landesamt, Stand: 2023).
Den Flächendruck bekommen auch Landwirtinnen und Landwirte zu spüren, erklärt Roswitha Geyer-Fäßler, Vizepräsidentin des Landesbauernverbandes (LBV): "Durch den massiven Flächenverbrauch
gehen zu viele wertvolle Äcker und Wiesen verloren. Dabei ist der Boden die Existenzgrundlage für unsere landwirtschaftlichen Familienbetriebe." Bernhard Bolkart, Präsident des
Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV) ergänzt: "Jeder Hektar, der uns durch Flächenfraß verloren geht, führt dazu, dass wir weniger Lebensmittel im eigenen Land produzieren können.
Dabei ist gerade das in Zeiten unsicherer Handelsbeziehungen wichtig.“
Die immer intensivere Landnutzung bedroht auch die heimische Natur "Der Flächenverbrauch ist neben dem Klimawandel und dem Artenrückgang das dritte große Umweltproblem in unserem
Land", warnt Gerhard Bronner, Vorsitzender des Landesnaturschutzverbandes (LNV). "Nach jahrzehntelangem Ausprobieren 'sanfter' Maßnahmen wissen wir: Sie haben zwar eine Reduktion
gebracht, reichen aber nicht aus! Wir brauchen verbindliche gesetzliche Obergrenzen. Die Konkurrenz zwischen den Kommunen begünstigt sonst die Verschwender.“
Im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 sind solche Obergrenzen eigentlich vorgesehen. Umgesetzt wurden sie bislang nicht. „Unsere Landesregierung muss sich sehr viel mehr anstrengen, um das Ziel der Netto-Null bis 2035 zu erreichen.
Hierfür sind ambitionierte Konzepte gefragt, die sich im neuen Landesentwicklungsplan wiederfinden müssen“, so NABU-Landesvorsitzender Johannes Enssle. BUND-Landesgeschäftsführer Martin Bachhofer ergänzt: „Bisher sehen wir da leider wenig Fortschritt. Im Gegenteil: Neue Konzepte wie die Ansiedlungsstrategie ignorieren den Flächenschutz völlig. Auch das im Dezember veröffentlichte Eckpunktepapier zum neuen Landesentwicklungsplan ist enttäuschend. Umso wichtiger ist unser Volksantrag, der die Landesregierung jetzt hoffentlich zum Handeln zwingt.“
Hintergrund
Der Volksantrag "Ländle leben lassen" ist eine gemeinsame Initiative von über 20 Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden in Baden-Württemberg. Das Bündnis setzt sich vehement gegen den anhaltenden Flächenfraß im Land ein und fordert von der Landesregierung wirksame Maßnahmen, um den fortschreitenden Verlust von wertvollen Lebensräumen, landwirtschaftlichen Flächen und Naturarealen einzudämmen. Die zentralen Forderungen des Volksantrags beinhalten die Einführung verbindlicher gesetzlicher Obergrenzen für den Flächenverbrauch sowie die Förderung verpflichtender Maßnahmen zur städtebaulichen Innenentwicklung.
Unterstützt durch über 50.000 Unterschriften wahlberechtigter Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs, hat der Volksantrag das erforderliche Quorum erreicht, wodurch der Landtag nun verpflichtet ist, sich mit den Anliegen intensiv auseinanderzusetzen.
Umweltverbände und badischer Bauernverband danken allen fleißigen Helferinnen und Helfern – Übergabe der Unterschriften im Februar an den Landtag
Radolfzell. Ein breites gesellschaftliches Bündnis hat sich gemeinsam dem Flächenschutz in Baden-Württemberg verschrieben. Mehr als 50.000 Unterschriften wurden in acht Monaten für den Volksantrag „Ländle leben lassen“ gesammelt. Das Quorum ist damit erreicht, das Wahlvolk hat klar entschieden und bestätigt damit den BaWü-Check vom Dezember, in dem 59 Prozent der Befragten erklärten, der Naturschutz dürfe nicht für neues Bauland geschwächt werden.
Die Unterschriften werden aktuell in den Rathäusern beglaubigt und dann im Februar an den Landtag übergeben. „Wir erwarten, dass sich der Landtag und die Landesregierung ab März intensiv mit unseren Forderungen befassen. „Die Landesregierung muss jetzt beim Flächenschutz liefern“, betonen die Landesvorsitzenden von NABU und BUND, Johannes Enssle und Sylvia Pilarsky-Grosch sowie die Vorsitzenden von LNV und BLHV, Gerhard Bronner und Bernhard Bolkart.
Verbände danken mit Fotoaktion allen Aktiven
Bei den Naturschutztagen am Bodensee nutzen die Verbände heute eine kurze Vortragspause, um sich mit einer bildstarken Aktion bei allen aktiven Sammlerinnen und Sammlern zu
bedanken (Fotoordner).
„Wir danken allen Helferinnen und Helfern, die wochenlang landesweit auf Märkten, in Fußgängerzonen und an Markt- und Infoständen Unterschriften für den Flächenschutz im Südwesten gesammelt haben. Diese Unterschriften senden ein deutliches Votum und ein Warnsignal an die Landespolitik und Ministerpräsident Kretschmann: Mit dem Flächenfraß muss jetzt endlich Schluss sein. Bessere Lebensqualität entsteht durch den Erhalt der natürlichen Flächen und nicht durch immer neue Straßen und Betonklötze“, betont NABU-Landeschef Enssle.
„Viele Ehrenamtliche von NABU und BUND haben, teils gemeinsam mit Landwirtinnen und Landwirten, Jägerinnen und Jägern sowie vielen weiteren Aktiven aus mehr als 20 Verbänden, intensiv für mehr
Flächenschutz geworben – mit Erfolg. Das zeigt auch: Der Bevölkerung ist der Schutz unserer Landschaft mit Streuobstwiesen, Hecken und Feldern ein echtes Herzensanliegen. Danke an alle
Bürgerinnen und Bürger, die sich mit ihrer Unterschrift für die Netto-Null beim Flächenverbrauch stark gemacht haben“, sagt die BUND-Landesvorsitzende Pilarsky-Grosch.
„Schon jetzt hat der Volksantrag bewirkt, dass sich die von der Landesregierung beauftragten Gutachten mit seinen Forderungen konstruktiv auseinandersetzen und darlegen, wie sich der
Flächenverbrauch reduzieren lässt. Aus unserer Sicht muss das Flächensparziel im Landesplanungsgesetz verbindlich verankert werden und damit bei allen weiteren Planungen berücksichtigt werden.
Wir hoffen, dass die Politik den Schwung aus dem Volksantrag nutzt, um bei diesem Thema endlich ins Handeln zu kommen“, so der LNV-Vorsitzende Bronner.
„Statt fruchtbares Ackerland für Gewerbe- und Wohngebiete zu versiegeln, sollten wir die Bedeutung landwirtschaftlicher Flächen anerkennen und schützen. Städte und Gemeinden müssen bebaute
Flächen effizienter nutzen und dabei Äcker und Wiesen bewahren. Diese sind essentiell für die Nahrungsmittelproduktion und den Klimaschutz“, betont der BLHV-Präsident Bernhard Bolkart.
Weitere Infos zum Volksantrag: www.laendle-leben-lassen.de
Die Initiative „Ländle leben lassen“ hat einen wichtigen Meilenstein erreicht:
Die Initiatoren haben deshalb beschlossen, die noch bis April 2024 laufende Sammelfrist nicht auszuschöpfen, sondern die Unterschriftensammlung am 31.12.2023 zu beenden.
Die Unterschriftenblätter sollen möglichst bald an die Sammelstellen geschickt werden. Schon jetzt bedanken sich die Initiatoren bei allen Unterstützern, die sich als Sammler, Unterzeichner oder Multiplikatoren für den Volksantrag einsetzen und aktiv den Erhalt unserer Lebensgrundlagen einfordern.
Der Volksantrag soll die Landesregierung dazu bringen, wirkungsvolle Maßnahmen einzuführen, um den Verbrauch an Freifläche endlich zu reduzieren. Zu den Forderungen gehören u.a.:
Durch diese Stellschrauben kann der Flächenfraß effektiv bekämpft und Baden-Württemberg zum Vorreiter in Sachen Flächensparen werden.
Hintergrund: Flächenverbrauch in Baden-Württemberg
Im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag hat die Landesregierung Baden-Württemberg festgeschrieben, den Flächenverbrauch kurzfristig auf 2,5 Hektar pro Tag und bis 2035 auf Netto-Null zu
reduzieren. In den letzten Jahren wurden jedoch durchschnittlich zwischen fünf und sechs Hektar unbebauter Natur in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt – Tendenz steigend.
Die bislang ergriffenen Maßnahmen – z. B. im Rahmen des freiwilligen Bündnisses zum Flächensparen – reichen also nicht aus, dieses Ziel wirksam umzusetzen. Deshalb haben sich mehr als 20 Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände um einen Trägerkreis aus Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Landesverband Baden-Württemberg, Landesnaturschutzverbund Baden-Württemberg (LNV), Landesbauernverband (LBV) und Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband (BLHV) zusammengeschlossen.
Weiterführende Links:
Kampagnenwebsite https://www.laendle-leben-lassen.de/
Unterschriftenblatt zum Volksantrag: https://www.laendle-leben-lassen.de/site/assets/files/1/laendle_unterschriftenblatt-dina4-schwarzweiss.pdf
Die ausufernde Flächeninanspruchnahme durch neue Siedlungsflächen und Straßen ist heute eines der gravierendsten Umweltprobleme.
Schaut man auf die letzten beiden Generationen, so haben diese so viel neue Siedlungsfläche in Anspruch genommen wie alle 80 Generationen zuvor!
Eine immense Fläche, die nun nicht mehr für den Naturschutz oder die Lebensmittelproduktion zur Verfügung steht. Zwar hat sich unsere Landesregierung das Ziel, den Flächenverbrauch auf zunächst 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen und bis 2035 auf Netto-Null zu reduzieren, in den Koalitionsvertrag geschrieben, doch mit den bisher ergriffenen Maßnahmen wird sie dieses Ziel nicht erreichen!
Deshalb richtet am 27. April 2023 ein breites Bündnis von 15 Organisationen einen Volksantrag an den Landtag, damit endlich wirksame Schritte zur Minimierung des
Flächenverbrauchs ergriffen werden:
Bitte beteiligen Sie sich an der Unterschriftensammlung zum Volksantrag!
KREISBAUERNVERBAND RHEIN-NECKAR, DEUTSCHER ALPENVEREIN und NATURSCHUTZBUND RHEIN-NECKAR-ODENWALD
Gemeinsame Aktion gegen Flächenfraß
NABU, DAV, und KBV warben um Unterschriften für Volksantrag „Ländle leben lassen“
Baden-Württemberg ist ein Bundesland mit wunderschöner Natur, vielfältigen Kulturlandschaften und lebendiger Landwirtschaft. Doch dass das so bleibt ist alles andere als sicher. „Wir opfern Wiesen, Wälder und Felder für ausgedehnte Betonwüsten und erschließen neue Wohn- und Gewerbegebiete, anstatt bestehenden Siedlungsflächen neues Leben einzuhauchen“ sagt Wolfgang Guckert, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Rhein-Neckar e.V. (KBV).
Der stetig voranschreitende Flächenfraß ist eines der gravierendsten Umweltprobleme in Baden-Württemberg und bedroht nicht nur die hiesige Natur und Landwirtschaft, sondern auch die
Lebensqualität aller Bürgerinnen und Bürger.
„Die letzten zwei Generationen haben in den vergangenen 50 Jahren so viel neue Siedlungsfläche in Anspruch genommen wie 80 Generationen zuvor. So kann es nicht weiter gehen“, fordert Stein Wanvik
vom Deutschen Alpenverein (DAV).
„Nur durch eine konsequente Reduzierung des Flächenverbrauchs und den sinnvollen Gebrauch bestehender Siedlungsflächen können die negativen Auswirkungen minimiert werden. Gleichzeitig muss eine
nachhaltige Innenentwicklung etabliert werden, die sowohl ökologischen als auch sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen gerecht wird“, ist sich Christiane Kranz vom NABU Rhein-Neckar-Odenwald
sicher.
Im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag der Landesregierung Baden-Württemberg ist festgeschrieben, den Flächenverbrauch kurzfristig auf 2,5 Hektar pro Tag und bis 2035 auf Netto-Null zu
reduzieren.
Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Zum Beispiel wurden bei der letzten Änderung des Regionalplans Rhein-Neckar weitere 840 ha zur Bebauung frei gegeben.
Deshalb haben sich 24 Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände (darunter LNV, LBV, NABU, BLHV, BUND, uvm.) in einem breiten Bündnis zusammengeschlossen, um mit dem
Volksantrag "Ländle leben lassen" verbindliche Obergrenzen für den Neuverbrauch an Flächen zu erreichen und diese gesetzlich zu verankern.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten sich in Heidelberg in der Hauptstraße am Infostand von KBV Rhein-Neckar e.V., NABU Rhein-Neckar-Odenwald und DAV gründlich informieren und auch gleich
ihre Unterschrift unter den Volksantrag leisten.
Die Hälfte der benötigten 40.000 Unterschriften ist bereits landesweit eingesammelt worden, nun gilt es bis zum Herbst das notwendige Quorum zu erreichen.
Kontakt: Christiane Kranz, NABU Rhein-Neckar-Odenwald
Tel. 06224-8287568
Herausgeber: NABU Rhein-Neckar-Odenwald, Römerstr. 21A, 69181 Leimen, NABU_RNO@onlinehome.de
Letzte Aktualisierung: 03.03.2024 (MP)