Text und Fotos: Nicole Lill
Die Becken „Vater Rhein“ werden jedes Jahr im Herbst abgelassen, um die historische Bausubstanz vor Frostschäden im Winter zu schützen. Das Ablassen der Becken wird seit Jahrzehnten vom NABU Heidelberg begleitet, in den Vorjahren insbesondere von Christel Pietsch.
Da sich zum Zeitpunkt des Ablassens noch Amphibienlarven in den Becken tummeln – die ohne Umsiedlung in der Kanalisation landen würden – müssen diese von Hand abgesammelt werden. Dazu sind
intensive Vorarbeiten nötig.
In diesem Jahr wurde das Ablassen der Becken um gute drei Wochen in die erste Oktoberwoche vorgezogen.
Zum einen, weil sich die Qualität des Wassers trotz vielfacher Bemühungen aller Beteiligten (regelmäßige Algenentfernung, Daten-Logger, Leitungswasserzugabe, intensive Prüfung von alternativen
Bewässerungsmöglichkeiten, etc.) einfach nicht bessern wollte.
So wurde beispielsweise am 23. September 2022 ein pH-Wert von 10,04 im großen Becken gemessen, am 28. September nach ausgiebigen Regenfällen immer noch 9,95 an gleicher Stelle. Das macht eine gesunde Entwicklung der Amphibien zu Landlebewesen unmöglich!
Zum anderen wollen auch die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württembergs Energie sparen, in allen Liegenschaften Ressourcen schonen und „Wasserspiele“, Beleuchtung und Betrieb der Anlagen vorzeitig auf den Winterbetrieb umstellen.
Oben: 11 Feuersalamanderlarven ziehen vorab ins Forellenbecken und werden täglich besucht – geht es ihnen gut? Haben sie genug Futter? Verteilen sie sich gut im Becken?
Oben: Wer entdeckt die neotene, albinoide Bergmolchlarve? Und die sich bis dato im Wasser tummelnden adulten Bergmolche?
Am 04.10.2022 wurden pünktlich um 09:00 Uhr die beiden Abflüsse des großen Beckens geöffnet und durch mit Steinen beschwerte Netze gesichert, damit keine Larven eingesaugt werden.
In den Becken „Vater Rhein“ sind alljährlich die Kaulquappen und Larven der folgenden Amphibienarten anzutreffen:
Die jungen Erdkröten verlassen schon früh die Gewässer und sind bis spätestens Ende Juni abgewandert.
Die jungen Feuersalamander verlassen je nach Zeitpunkt ihrer „Ablage“ als voll entwickelte Larven in Abhängigkeit von der Wasserqualität und dem Nahrungsangebot von Juli bis in den Oktober und darüber hinaus das Gewässer. In früheren Jahren konnten wir im Oktober immer „frisch abgesetzte“, so genannte Herbstlarven beobachten.
Die Entwicklung der jungen Bergmolche im Wasser dauert am längsten – beginnend mit der Paarung der Elternteile im Wasser, der individuellen Eiablage an Stöckchen, Laub und Algen im Wasser über das Larvenstadium bis hin zum Abschluss der Metamorphose mit anschließender Abwanderung ab September bis Anfang Oktober.
Das Forellenbecken befindet sich ebenfalls im Schlossgarten und führt ganzjährig Quellwasser. Es ist aber deutlich kleiner als die Becken „Vater Rhein“. Umsiedlungen in großer Zahl würden daher zu einer Überbesetzung und damit letztlich zum „survival of the fittest“ bis hin zu Kannibalismus führen.
Auch die Wasserparameter des Forellenbeckens waren in diesem Jahr nicht konstant, verbesserten sich im Spätsommer jedoch deutlich.
Generell ist das Wasser im Forellenbecken kälter, nährstoffärmer und pH-neutraler. Für die Larven des Feuersalamanders bedeutet die Umsiedlung in ein Gewässer mit sich stark unterscheidenden Wasserparametern Stress, sie müssen schrittweise akklimatisiert werden.
Oben: Die Feuersalamanderlarven-Akklimatisations-Station: Alle 45 min klingelt der Timer: Die Larven von Bergmolch und Feuersalamander werden vorsichtig und per Hand von Eimer zu Eimer gesetzt, während sich allmählich auch die anderen beiden Becken leeren.
Die Becken „Vater Rhein“ fassen ca. 224.000 Liter Wasser, sie laufen nicht von „heute auf morgen“ leer, was den Amphibienhelfern die nötige Zeit verschafft, die noch übrigen Larven langsam und behutsam aus dem Wasser abzusammeln.
Die Larven des Feuersalamanders verstecken sich gerne und gut im Bodensubstrat, selbst wenn man denkt, man hat jetzt wirklich jedes Tier gefunden, gibt es doch immer noch Individuen, die sich besonders gut versteckt haben und erst ganz zum Schluss gefunden werden.
Links: Alle Arbeiten erfolgten wie immer Hand-in-Hand mit den beauftragten Fremdfirmen und den Gartenverantwortlichen. Aus manch einem Menschenkind ist ein echter Amphibien-Freund geworden.
Oben: Die wahnsinnig engagierten und beständigen Schlierbacher Amphibienhelferinen
Oben: Andreas Kellner vom Vorstand des NABU Heidelberg hat eigentlich keine Zeit - und hilft doch wieder mit
Links: Trotz all der wachsamen Augen, die die Sedimente und Algen nach Amphibien-Larven abgesucht hatten, wurde am Tag 4 der Umsiedlungsaktion noch diese letzte Larve aus einer Pütze in den Becken geborgen und umgesiedelt – GLÜCK GEHABT ☺
Auch das Jahr 2022 war – bei aller Anstrengung der Amphibienfreunde, des Umweltamts, der Staatlichen Schlösser und Gärten, sowie der für die internen Sanierungsarbeiten Verantwortlichen bei Vermögen und Bau – wieder kein leichtes für die Tiere (die RNZ berichtete mehrfach) und leider haben es hunderte Feuersalamanderlarven sowie erwachsene Tiere nicht geschafft.
Der NABU wird sich deshalb weiter dafür einsetzen, dass im nächsten Jahr wieder nährstoffarmes und unbelastetes Quellwasser in die Becken eingeleitet wird.
Nur eine ausreichende (Quell)Wasserzufuhr kann den Amphibien den nötigen Lebensraum bieten und damit auch dem ausgeklügelten Wassersystem des ehemaligen Hortus Palatinus gerecht werden.
Rechts: Nicole Lill begutachtet jedes Tier. Wie gut, wenn man angehende Veterinäre wie Zvone Marelja mit im Team hat!
VIELEN DANK FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT, HINWENDUNG, TATKRÄFTIGE UNTERSTÜTZUNG
und den seelisch-moralischen Beistand ☺
Liebe Amphibienhelfer,
nach einem extrem trockenen, heißen und arbeitsreichen Sommer ist es jetzt wieder soweit: Die Becken „Vater Rhein“ im Schlossgarten werden abgelassen und für die wenigen, sich noch im Wasser
tummelnden Feuersalamander- und Bergmolchlarven heißt das: Umzug ins Forellenbecken!
Um den Umzug für die Tiere so schonend, stressfrei und ungefährlich wie möglich zu machen, haben Karl-Friedrich Raqué und Nicole Lill vom Nabu HD in Zusammenarbeit mit dem stets hilfsbereiten
Gartenteam des Heidelberger Schlosses diese Woche schon vorbereitend größtenteils alle Algen aus den drei Becken entfernt.
Sobald das Wasser aber ab Dienstag, den 04.10.22 abgelassen wird, ist jede Hand und jeder Kescher gefragt!
Die noch über ihre Kiemen atmenden Tiere müssen dann nämlich einzeln, per Hand und vorsichtig aus den Netzen geholt, schrittweise an das deutlich kältere, nährstoffärmere und neutralere Wasser
des Forellenbecken akklimatisiert und in Eimern dorthin gebracht werden.
Der Arbeitseinsatz umfasst also die folgenden Aufgaben:
Für den Arbeitseinsatz sind Gummistiefel oder festes wasserdichtes Schuhwerk und wo vorhanden eigene Netze und Kescher notwendig. Diese müssen jedoch vor und
nach dem Einsatz gründlich gereinigt und desinfiziert werden, um Krankheitsübertragungen zu verhindern.
In den Becken ist es sehr rutschig und es besteht eine gewisse Verletzungsgefahr (für Mensch und Tier), deshalb bitte stets sehr langsam, vorsichtig und konzentriert arbeiten.
Da die oben aufgeführten Arbeiten parallel zu flankierenden Aufgaben und Arbeitsschritten der Schlossverwaltung und Fremdfirmen stattfinden, müssen sie zu den regulären Arbeitszeiten
stattfinden. Das heißt in diesem Jahr:
04. Oktober 09:00-14:30
05. Oktober 09:00-14:30
06. Oktober 09:00-12:00
Wobei der wichtigste Tag Mittwoch, der 05.10. sein wird.
Treffpunkt ist jeweils direkt an den Becken,
egal zu welcher Uhrzeit an den jeweiligen Tagen.
Wir freuen uns über jede tatkräftige Unterstützung!
Nicole und die Amphibien-Larven aus den Schlossbecken
Letzte Änderung: 04.11.2022 (MP)