Text von Marcia Kasparbauer
Fotos von Claudia Zieboll
"Nanu, was spielen die denn da?“ Vorbeiziehende Kinder mustern interessiert die Gruppe der Wanderer, die sich da mitten im Weg zum Halbkreis aufgestellt hat. Der Mann in der Mitte hält lächelnd eine kleine Blume hoch und alle recken die Hälse. Wir befinden uns auf etwa 2000 m Höhe am Aufstieg zum Drusentor.
Dies ist nicht einfach ein Gänseblümchen, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Ein Alpen-Maßliebchen? Bezaubernd! Andächtig kritzeln einige den Namen in ihr Heftchen. Andere wispern ihn auf lateinisch. Fotoapparate klicken. Noch schnell einen Blick auf die Grundrosette der Blätter werfen (sie sind länglich verkehrt eiförmig, stumpf gezähnt und an der Unterseite behaart), dann geht es weiter bergauf, bis vor der Weißzüngel-Orchis die meisten in die Knie gehen, um sie näher zu betrachten und ein wenig auch vor Ehrfurcht vor diesem kleinen Geschöpf. Eine geschützte, vom Aussterben bedrohte Art.
Beglückt von der frischen Bergluft, einem atemberaubenden Panorama und einer farbenprächtigen Fülle an Bergblumen, erreichen wir die Schneegrenze. Es ist August, aber hier begrüßt uns ein Heer
kleiner Frühlingsblüher und wir jubeln zurück. So lebendig kann man auf der Alpenexkursion mit dem AK Botanik des NABU-Heidelberg Natur erleben.
Volker ließ uns die Natur auf ungeahnte Weise bestaunen und schärfte Blick und Sinne für bemerkenswerte Details, an denen man sonst wohl einfach vorbeigezogen wäre.
Hat man erst einmal am Schwarzen Kohlröschen geschnuppert, die Blätter der Behaarten Alpenrose durch die Lupe betrachtet und der Silberdistel tief in ihr sonniges Gesicht geblickt, will man die kleinen Schönheiten am Wegesrand niemals mehr übersehen. Hier oben vor dem „kleinsten Baum der Welt“ zu stehen, schafft auch eine neue Sichtweise auf alles, was man unten zurückgelassen hat. Es ist eine Weide (Salix herbacea), ausgewachsen etwa einen Zentimeter groß, mit nur zwei Blättern. Da vergisst man den Alltag, ja, für einen Moment sogar sich selbst...
An seinem unerschöpflichen Wissen ließ Volker uns so geschickt teilhaben, dass Hobby-Botanisierer ebenso wie Studenten und Experten ganz nach Bedarf dazulernen konnten. Mit viel Geduld beantwortete er alle Fragen. Seine Liebe zu den Pflanzen ist hoch ansteckend, wann immer er über sie spricht.
Die idyllisch gelegene Lindauer Hütte bot eine ideale Unterkunft für unsere drei Übernachtungen. Wir erreichten sie bequem von der Bergstation der Seilbahn nach einer ersten kleinen, sehr abwechslungsreichen Wanderung. Die Hütte bot angenehmen Komfort und gutes Essen. Nach einem Tag, an dem man gelernt hat, fünf verschiedene Glockenblumenarten zu unterscheiden, schmeckt der Kaiserschmarrn gleich noch mal so gut. Gipfelstürmer oder Genusswanderer – jeden Tag gab es Wege unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade zur Auswahl, und so konnte sich jeder der für seine Ansprüche passenden Tour anschließen. Abends ließen wir die Tage in gemeinsamer Runde ausklingen. Die eine oder andere Alpenblume gab es noch zu bestimmen, dazu hatte Volker eine umfangreiche Sammlung an dicken Bestimmungsbüchern mitgebracht!
Mit großer Hingabe hat Karin eine Liste aller gefundenen Pflanzen erstellt: Sie umfasst 283 Arten! Ihre enormen Orts- und Pflanzenkenntnisse haben die Exkursion um vieles bereichert.
Allen TeilnehmerInnen herzlichen Dank für diese harmonische Zeit! Ein ganz besonderes Dankeschön an Volker und Karin für die wunderbaren Führungen!
Letzte Aktualisierung: 11.01.2015 (MP)