Liebe Mauerseglerfreundinnen und -freunde,
2018 war zu warm, zu trocken und wunderbar sonnig. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war es das wärmste Jahr in Deutschland überhaupt, “Heißzeit“ wurde zum Wort des Jahres.
Für unsere Mauersegler war es aber alles in allem kein schlechtes Jahr. Zu unserer Beunruhigung begann die Saison allerdings ungewöhnlich schleppend. Die Vögel waren nicht so pünktlich wie sonst,
ein Schlechtwetterriegel über der Straße von Gibraltar soll dafür verantwortlich gewesen sein. Heftige Gewitter mit Starkregen, Hagel und einem mehrtägigen Kälteeinbruch hatten die Rückkehr der
Vögel offenbar verzögert.
Aber ab Mitte Mai war hier die Seglerwelt wieder halbwegs in Ordnung.
Was konnten wir 2018 erreichen?
Im Heidelberger Stadtgebiet haben wir insgesamt 62 neue Nistplätze geschaffen, darunter allein 18 im Turm der Providenzkirche und 14 in der Ostfassade der Konvisionärshäuser im Mark Twain Village. Tatsächlich konnten in fast allen StadtteiIen Heidelbergs weitere Kästen installiert werden.
Eine ganze Reihe der gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen wäre ohne die in den Jahren 2014/2015 photodokumentierte Kartierung von Beate Friedetzki und Dagmar Brede und ohne die auf dieser Basis erfolgte Einschaltung des Umweltamtes nicht möglich gewesen. Auch ohne die Hinweise besorgter Anwohner hätte so manches Projekt nicht stattgefunden, denn dass uns private Eigentümer auf Nistplätze in ihren eingerüsteten Häusern aufmerksam gemacht hätten, haben wir bisher noch nicht erlebt.
Schlicht imponierend ist die Mannheimer Bilanz mit insgesamt 160 (!) Nistkästen, die in allererster Linie dem unermüdlichen und immer wieder nachhakenden Einsatz von Christine Schröter zu verdanken ist (s. ihren Jahresbericht/Website des NABU Mannheim).
Hier gibt es Licht und Schatten. Unser seit Jahren erfolgreichstes Projekt spielt sich gewissermaßen unter Ausschluß der Öffentlichkeit ab und war auch in diesem Jahr Anlass zu großer Freude: an
einer Ziegelsteinmauer in einem Innenhof der Ladenburger Straße waren erneut 6 (von 9) Kästen von Mauerseglern belegt. Ein paar Häuser weiter gab es ebenfalls Erfreuliches, denn von den 10, erst
im Dezember 2017 in die Traufe integrierten Brutkammern wurden in diesem Jahr bereits 3 angenommen. Ein solcher Erfolg ist selten und nur möglich, wenn in unmittelbarer Nähe eines angestammten
(und durch Sanierungsmaßnahmen vernichteten) Seglerquartiers Ersatz geschaffen wird.
Weitere gute Nachrichten hat uns Nicolas Goppold geliefert. Im Rahmen seiner von uns in Zusammenarbeit mit Beate Friedetzki und dem Umweltamt betreuten Bachelorarbeit konnte er
(nach vielen Jahren Fehlanzeige) endlich Brutnachweise erbringen, und zwar für
Außerdem gelang ihm der erste Brutnachweis in einem in die wärmegedämmte Fassade eingebauten Niststein (Plöck 2). Hier waren im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme im Herbst 2015 insgesamt 16 solcher
Steine eingesetzt worden (s. RNZ vom 12.05.18).
Dass auch mal was richtig schief gehen kann, zeigen die 15 Brutplätze im neuen GGH-Verwaltungsgebäude in der Bergheimer Straße. Dort waren 2015 die Einflugschlitze zunächst irrtümlich vertikal
gefräst und anschließend kreisrund korrigiert worden. Die Folge: freier Eintritt für Halsbandsittiche. 2018 hatten schon 3 Paare das Angebot angenommen.
Ein Rätsel bleibt, warum für die 24 Ersatzplätze am Landfriedhaus bisher noch kein Brutnachweis erfolgen konnte. Auch die an aussichtsreicher Stelle installierten Schwegler-Kästen am Parkhaus
Kornmarkt und am Rathausanbau warten noch auf den Erstbezug.
Trotz der Temperaturrekorde waren es im Rhein-Neckar-Raum weniger als im vergangenen Jahr, insgesamt 32, 2 verhungerte und 5 zwingend euthanasierte Küken nicht eingerechnet. Auch hier hat wieder
Christine Schröter allein mit 26 erfolgreich aufgezogenen Jungseglern die Hauptarbeit geleistet.
Der Grund für das geringere Aufkommen könnte darin gelegen haben, daß die erste heftige Hitzewelle Anfang Juni mit dem 11./12. Juni gerade noch rechtzeitig durch deutlich kühleres Wetter abgelöst
wurde, d.h. die Küken mussten (noch) nicht aus ihren überhitzten Dachquartieren flüchten.
Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes galt Baden-Württemberg erstaunlicherweise „als eher kühles und als das im Vergleich sonnenscheinärmste Bundesland“. Als dann in der zweiten Julihälfte
die Temperaturen hier erneut Rekordwerte erreichten (am 26. 07. bis 37°C) waren die meisten Jungsegler schon ausgeflogen.
Andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass aufgrund des alarmierenden Insektenmangels in den letzten Jahren die Zahl der ausgebrüteten und überlebenden Jungvögel insgesamt abgenommen hat.
Am Juni 2018 hat Kirsten Dressel im Himmel über dem Landfriedgelände einen ungewöhnlich großen Segler entdeckt und geistesgegenwärtig die Kamera gezückt. Damit hatte sie den ersten Photonachweis eines Alpenseglers in Heidelberg erbracht.
Vor allem im Bereich der US-Konversionsflächen, aber auch in der Altstadt und in Rohrbach planen wir die Einrichtung neuer Brutplätze. In diesem Zusammenhang sind wir für jeden Hinweis auf bestehende und/oder gefährdete Seglerquartiere dankbar. Nur so kann das Umweltamt rechtzeitig eingeschaltet und ein Ausgleich durchgesetzt werden.
Es ist allerdings zu befürchten, dass sich das dramatische Insektensterben in unserem Land langfristig nachteiliger auf die Mauerseglerbestände auswirken wird, als der Mangel an
Brutplätzen. In unserer Region zumindest wird letzterer zunehmend kompensiert.
Es ist eine lohnende, geradezu beglückende Aufgabe, sofern man den saisonal nicht unerheblichen Aufwand bewältigen kann. Interessierte melden sich bitte bei uns (mauersegler(at)nabu-heidelberg.de), wir vermitteln dann ein „teach-in“ bei unseren Pflegeexperten, von denen Fütterungsrichtlinien und - techniken innerhalb weniger Stunden erlernt werden können.
Volker Voigtländer
Leiter des Arbeitskreises „Mauersegler“ (NABU Heidelberg)
Letzte Aktualisierung: 12.01.2019 (MP)