Liebe Mauerseglerfreundinnen und -freunde,
2023 war das wärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881, dabei war 2022 schon „Rekordhalter“, gleichauf mit 2018. Was das für unsere Mauersegler bedeutet, ist inzwischen hinreichend bekannt.
Hunderte, noch flugunfähige Nestlinge stürzten sich aus ihren überhitzten Dachquartieren in die Tiefe. Allein über 600 (!) Pfleglinge, darunter allerdings auch verletzte Altvögel, hatte die neugegründete Fachstelle APUS e.V. in Gorxheimertal zu bewältigen.
Auch die Frankfurter Mauerseglerklinik war schnell am Limit und musste wie in den Jahren zuvor auf dem Höhepunkt der Brutsaison einen Aufnahmestopp verfügen.
„Weit mehr als rekordverdächtige 800 Segler“ wurden dort aufgenommen und umfassend betreut.
Den spannenden Weihnachtsbrief aus Frankfurt finden Sie rechts.
Wie so oft in den vergangenen Jahren fielen die Meldungen über die „gefühlte“ Bestandszahl in unserem Luftraum sehr unterschiedlich aus. Freude über mehr, und Klagen über weniger Rückkehrer als im Vorjahr hielten sich in etwa die Waage. Erfreuliche Rückmeldungen kamen vor allem aus der Altstadt, aus Bergheim und aus Neuenheim.
Auch werden immer mehr Belegungen unserer vor Jahren im Stadtbereich installierten Nistkästen gemeldet.
Dabei bestätigt sich regelmäßig die Erfahrung, dass die Wahrscheinlichkeit hierfür umso größer ist, je näher die Kästen an aktuellen oder ehemaligen Brutplätzen angebracht werden.
Insgesamt wurden 48 neue Nistplätze im erweiterten Stadtgebiet geschaffen (Beispiele s.u.). Schon in den nächsten Wochen kommen mindestens weitere 28 Kästen hinzu. Die Finanzierung erfolgt vornehmlich über Spenden, zuletzt aber auch über das Heidelberger Umweltamt. Wir sind dafür sehr dankbar.
Oben: Rathaus HD-Ziegelhausen. 4 neue Kästen (rot). In 2 der 3 im Jahr 2008 installierten Kästen fanden sich Mauerseglernester (blau).
Rechts: Rathaus St. Ilgen mit Oberbürgermeister Hans D. Reinwald (rechts) und Reinhard Reetz (Mitte).
Die laufende Vernichtung angestammter Nistplätze, ob bewusst oder unwissentlich, muss dringend durch kontinuierliche Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden.
Neues Collegium Academicum: Montagegymnastik mit Reinhard Reetz
HD-Wieblingen: in die Hauswand integrierte Niststeine
Um die dramatisch hohe Zahl hitzeflüchtiger Mauerseglerküken und verletzter Altsegler hat sich das Team um Jeanette Mayer und Kirsten Dressel von APUS e.V. bis zum Rande der Erschöpfung aufopferungsvoll gekümmert und tut das noch weiterhin für eine ganze Reihe pflegebedürftiger Segler, die für den rechtzeitigen Abflug in Richtung Afrika noch nicht reif waren.
Was für ein Glück, dass es diese Institution mittlerweile in unserer Nähe gibt!
Unglücksfälle wie in den letzten Jahren (z.B. Strangulationen durch Plastikfäden am Nistplatz) wurden uns 2023 keine gemeldet. Mehrere dieser Problemorte konnten wir in der Zwischenzeit „entschärfen“.
Nicht ganz neu für uns sind Probleme mit Halsbandsittichen.
Sie versuchen, Einflugöffnungen der Nistkästen oder deren Dächer aufzunagen, um selbst darin zu brüten. Es ist zu befürchten, dass wir in Zukunft noch mehr mit einer solchen Nistplatzkonkurrenz rechnen müssen.
Plankstadt: Links; Ehemaliger Brutplatz der Halsbandsittche. Oben: Kastenzerstörung durch Halsbandsittiche, die in der zuvor unsanierten Wand gebrütet hatten.
Ein ganz trauriger „Notfall“ hat sich im Wanderfalkenkasten der Heiliggeistkirche ereignet. Ein erschöpfter (oder einen Brutplatz suchender) Segler hatte sich dorthin verirrt und wurde wenig später Opfer des „Hausherrn“.
Rechts: Wanderfalke attackiert verirrten Mauersegler (Foto: Webcam Heiliggeistkirche)
Nach der überwältigenden Resonanz auf unseren Spendenaufruf 2022 in der Rhein-Neckar-Zeitung haben wir angesichts der bisher nie gekannten Notlage 2023 einen solchen Aufruf im Sommer wiederholt.
Erneut kamen mehrere tausend Euro zusammen. Davon konnten APUS e.V. hohe Beträge für Futterkosten, Pflegehilfsmittel, Inkubatoren u.ä. überwiesen und für unseren Arbeitskreis
neue Nistkästen angescham werden.
Den vielen Spender:innen auch auf diesem Weg noch einmal vielen herzlichen Dank!
Wer noch spenden möchte:
oder
Nach über 20 Jahren aktivem Einsatz für die Mauersegler ist es jetzt Zeit für meine Nachfolge.
Es freut mich ganz besonders, dass Beate Friedetzki, Leiterin des Arbeitskreises „Vogelkunde“ (zusammen mit Dagmar Brede) ab dem 2. Quartal 2024 auch die Leitung des Arbeitskreises „Mauersegler“ übernehmen wird.
Frau Friedetzki ist mit der Materie bestens vertraut. Sie hat die von Oliver Brück und Harald Kranz 2014 initiierte Kartierung der Heidelberger Mauerseglerbrutplätze über mehrere Jahre mit großem persönlichen Einsatz fortgeführt.
Diese Kartei wird fortlaufend weiter ergänzt und stellt eine wertvolle Hilfe im Kampf um den Erhalt der Nistplätze dar. Frau Friedetzki war außerdem Gründungsmitglied der
„Mauerseglerhilfe Rhein-Neckar“, die 2019 dann in den neuen NABU-Arbeitskreis „Mauersegler“ überführt wurde.
Der Leitungswechsel soll aber keineswegs bedeuten, dass ich mich von der aktiven Mitarbeit im Arbeitskreis zurückziehe.
Mit nachträglich allen guten Wünschen zum Neuen Jahr und in der Hoffnung auf eine erfolgreiche und weniger aufregende Mauerseglersaison 2024,
sowie mit herzlichen Grüßen
Volker Voigtländer
Leiter des Arbeitskreises „Mauersegler“ beim NABU Heidelberg
Heidelberg, im Januar 2024
Letzte Aktualisierung: 10.03.2024 (MP)