Zum Thema Wald und Forstwirtschaft im Klimawandel diskutierte die NABU-Gruppe Heidelberg mit Stadtoberforstrat Tillmann Friederich. Gemeinsam tauschten sie Positionen des
NABU-Bundesverbandes und der Forstverwaltung Heidelberg aus - sowohl fortlaufend direkt an kritischen Stellen im Wald als auch im Rahmen der NABU-Monatssitzung am 10. Mai
2021 per Video-Konferenz.
„Vom Menschen unbeeinflussten Urwald hat es hier nie gegeben. Der Mensch hat seit jeher den Wald beeinflusst und geprägt“, erklärt der Geograph Professor Dr. Klaus-Dieter Hupke, Sprecher des
NABU-Heidelberg, zu Beginn der Monatssitzung. Ökologisch verträgliche Waldbewirtschaftung konsequent umsetzen, der erste Punkt im NABU-Programm, sei schon gängige Praxis, so Friederich.
Dauerwaldartige Bewirtschaftung mit einer Beschränkung von Kahlhieben habe bereits Eingang in das Landes-Wald-Gesetz gefunden (§ 15 LWaldG) und Kahlschläge würden in Heidelberg
seit Jahrzehnten nicht mehr gemacht. Unterschiedliche Auffassung besteht hinsichtlich der Beteiligung von nicht-heimischen Baumarten am zukünftigen Waldaufbau. Während Friederich
einer Einbringung von standortgerechten, nicht-heimischen Baumarten gegenüber aufgeschlossen ist, vertritt der NABU hier eine zurückhaltendere Sichtweise und bevorzugt die Begrenzung auf
heimische Arten.
Ein gewisser Anteil des Totholzes soll im Wald verbleiben – darin sind sich alle einig. Jedoch: „Wenn das Totholz nicht geerntet wird und im Wald verbleibt, wird der gesamte
gespeicherte Kohlenstoff ohne Nutzungskaskade an die Atmosphäre abgegeben. Wird es zu Nutzholz verarbeitet, kommt die Klimaschutzwirkung der Holzprodukte zum Tragen“, gibt Friederich zu
Bedenken.
Dass es immer um ein „sowohl als auch“ geht, zeigt sich am unstrittigen Ziel der Naturverjüngung. Dieser schon bevorzugten Praxis stellt der Oberforstrat die Vorteile von
Kunstverjüngung gegenüber: Höhere genetische Vielfalt und eine gezielte Anpassung an Standortfaktoren sei dadurch möglich.
Einigkeit herrscht beim Verzicht auf Pestizide - dies wird in Heidelberg bereits umgesetzt. Kritisch sieht Friederich die NABU-Forderung „Mindestens zehn Prozent der
deutschen Waldfläche der Natur überlassen“. Dadurch verzichte man auf 8-9 Millionen Tonnen CO2-eq-Einsparung pro Jahr. Abschließend weist er nochmal darauf hin, dass
Wälder in Mitteleuropa sich seit der Eiszeit noch nie ohne direkte Einflussnahme des Menschen entwickelt haben, natürliche Anpassungsprozesse auch im Wirtschaftswald stattfinden und stabile
Ökosysteme sich keinesfalls im „Stilllegungswald“ besser ausbilden. Im Stadtwald werden 5 % der Natur überlassen und weitere 12 % z.Zt. nicht bewirtschaftet. Besonders geschützte
Biotope werden in guter Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden gepflegt und grundsätzlich wird bei allen Durchforstungen weniger Holz genutzt als gleichzeitig zuwächst.
Der Abend brachte zur Geltung, dass es im Kern viele gemeinsame Ansichten zwischen Forstverwaltung der Stadt und dem Heidelberger NABU gibt. Wo es doch im Einzelfall zu Irritationen und zu
Deutungsunterschieden bei forstlichen Maßnahmen kommt, werden Forstamt und Naturschutzorganisationen sich zusammensetzen und nach Lösungen suchen. Die Kontakte zwischen der Forstverwaltung und
dem Naturschutz lassen auf eine solche Zusammenarbeit auch in Zukunft hoffen.
letzte Aktualisierung 14.05.2021 (MP)